JAKOB SCHÖNBERG
Der Komponist Dr. Jakob Schönberg kam als erstes Kind von Rosalie und David Schönberg am 19. September 1900 in der Hirschenstraße 19 auf die Welt. Sein Vater David, der aus Krakau stammte, übernahm in Fürth die Taschenspiegel- und Lederwarenhandlung seines Schwiegervaters und arbeitete zudem als Buchbinder und als Kantor in der Klaus-Synagoge. Jakob wurde jüdisch-orthodox erzogen und erhielt schon mit fünf Jahren Klavierunterricht. Bereits als Jugendlicher komponierte er seine ersten Stücke und trat als Schüler auf Abschlussfeiern am Klavier auf. 1920 war er Teil der musikalischen Leitung einer Wohltätigkeitsveranstaltung im Stadttheater Fürth.
Als 20-jähriger Student stellte er sich 1921 im Berolzheimerianum in Fürth mit einem abendfüllenden Programm mit fünf eigenen Kompositionen vor und übernahm
dabei die musikalische Leitung. Den Gesang übernahm der Tenor Max Altglass des Nürnberg-Fürther Stadttheaters, als Orchester wirkte die Reichswehrbrigade aus Nürnberg. Die regionalen Zeitungen berichteten überwiegend positiv über das Konzert, erkannten Anklänge an Verdi und Wagner und betonten das große Talent des jungen Künstlers.
Jakob Schönberg studierte an den Universitäten in Erlangen, Berlin und Darmstadt und wurde 1925 in Erlangen mit einer Doktorarbeit zu den traditionellen Gesängen des Israelitischen Gottesdienstes in Deutschland mit der höchsten Note „summa cum laude“ promoviert.
Seine berufliche Laufbahn bestritt er als Musikkritiker und Autor bei der „Nürnberger Zeitung“, der „Bayerischen Radio-Zeitung“ und der „Zeitschrift für Musikwissenschaft“. Zudem arbeitete er als Dirigent im größten Kino Nürnbergs, dem „Phoebus-Palast“, in welchem er Stummfilme mit Orchestermusik live begleitete. Als Pianist trat er in kleineren Kinos auf. Schönberg komponierte auch selbst Filmmusik, die in internationalen
Verlagshäusern gedruckt wurde.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 zog er nach Berlin und wurde Musikkritiker der „Jüdischen Rundschau“. Sein künstlerisches Interesse wandte sich ab 1934 vor allem der jüdischen Musikfolklore zu. 1935 publizierte er eine Sammlung von 230 hebräischen Gesängen und Melodien, die er „Lieder aus Erez Israel“ nannte. Mit den Hymnen, Heimat-, Fest-, Liebes- und Kinderliedern sowie Tänzen wollte er eine neue jüdische Identität präsentieren.
1937 komponierte er sein vielleicht wichtigstes Werk, die „Chassidische Suite“, zunächst für das Klavier und dann auch für das Orchester. Schönbergs Musik wurde in den Jahren 1936 bis 1938 mehrmals in Berlin und Frankfurt am Main
durch die Jüdischen Kulturbünde und auf größeren jüdischen Musikveranstaltungen aufgeführt.
Vielleicht war es Fürther Verbundenheit, die Schönberg dazu veranlasste, Jakob Wassermanns Erzählung über den vermeintlichen Messias Sabbatai Zwi aus seinem Roman „Die Juden aus Zirndorf“ zu vertonen. Die Dramatisierung des Werks von Jakob Wassermann mit der Musik von Jakob Schönberg wurde von Otto Bernstein inszeniert und 1936 im jüdischen Kulturbund Berlin aufgeführt.
1939 floh Jakob Schönberg mit seiner Frau Fanny nach England; im Januar 1948 wanderten sie nach New York aus, wo bereits ein Bruder Schönbergs lebte.
Für die New Yorker Park Avenue Synagogue komponierte er im Auftrag des Kantors Putterman sein „V’shomru“ für ein Tenor-Solo mit gemischtem Chor und Orgel.
Schönberg arbeitete dann als Musiklehrer an der Trinity School in New York. Die Stelle als Lehrer an der Carnegie School of Music in Englewood in New Jersey konnte er nicht mehr antreten, da er an einem Hirntumor erkrankte und am 1. Mai 1956 in New York starb.
In seinem Schaffen suchte Schönberg nach einem entschiedenen jüdischen Stil und wurde dabei zu dem bedeutendsten Vertreter des jüdisch-nationalen Stils in der modernen Musik.
Nachdem die Musik Schönbergs fast vergessen war, erschien 2012 eine Doppel-CD mit Liedern und Kompositionen Schönbergs unter dem Titel „Another Schönberg“, der auf seinen Großcousin, den Wiener Komponisten und Künstler Arnold Schönberg (1874-1951) anspielt. Eingespielt wurde die Musik unter anderen von dem Pianisten Jascha Nemtsov, der sich als Musikwissenschaftler in seinem Werk von 2010 zu jüdischen Komponisten im Berlin der NS-Zeit intensiv mit Jakob Schönberg beschäftigte. 2014 spielte Nemtsov ein Teil des Werkes Schönbergs mit zwei weiteren Künstlern im Kulturforum Fürth einem faszinierten Publikum vor.
Von Marina Heller
Bildnachweise:
Jakob Schönberg: Leo Baeck Institute, New York
Programm „Wohltätigkeits-Bunter-Abend“: Leo Baeck Institute, New York
Progamm „Kompositioonsabend“: Leo Baeck Institute, New York
Max Slevogt, Porträt Jakob Wassermann (Literaturarchiv Marbach): Foto Jüdisches Museum Franken / Fotografin: Annette Kradisch, Nürnberg
Postkarte Empire State Building, New York: Jüdisches Museum Franken
Kompositionsabend Berolzheimerianum: Jascha Nemtsov: Deutsch-jüdische Identität und Überlebenskampf: Jüdische Komponisten im Berlin der NS-Zeit. Wiesbaden : Harrassowitz, 2010.
Literatur:
Jascha Nemtsov, Deutsch-jüdische Identität und Überlebenskampf. Jüdische Komponisten im Berlin der NS-Zeit (Studien und Quellen zur jüdischen Musikkultur 10), Wiesbaden 2010.
Barbara Ohm, Petits Fürths 3. Sabbatai Zwi – Eine Oper des Fürther Komponisten Jakob Schönberg nach einem Sujet des Fürther Dichters Jakob Wassermann, in: Fürther Geschichtsblätter 4/2004, S. 123-125.